13. Juli 2019

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Eine erfolgreiche Spontangeburt VBAC muss nicht zwingend ein schönes Geburtserlebnis sein. Ich bin jedoch stolz darauf, was mein Körper geleistet hat. Meine Tochter kam nach einem Kaiserschnitt ganz natürlich zur Welt – wenn auch anders als von mir geplant. (Anmerkung: Durch eine besondere Form des Beckens, wurde dieses Baby aus dem hohen Geradstand geboren.)

Meine erste Schwangerschaft

Im Oktober 2016 hatte ich nach einer recht merkwürdigen Schwangerschaft. In der 18. oder 19. SSW hatte ich einen Riss in der Fruchtblase, der in den darauffolgenden Wochen wieder verheilt war. In der SSW 38+0 durchlief ich einen geplanten Kaiserschnitt.

Ich wollte zwar immer natürlich gebären, aber da die Ärzte eine eindeutige medizinische Indikation für eine primäre Sectio stellten, blieb mir nichts anderes übrig, als dies zu akzeptieren.

Die Plazenta war eine Plazenta praevia marginalis, die ein etwa ein Zentimeter dickes Gefäß ausgebildet hatte, das sich aus der Plazenta heraus quer über den Muttermund gelegt hatte. Damit bestand, ebenso wie bei einer Plazenta praevia totalis, die sehr realistische Gefahr lebensbedrohlicher Blutungen.

Glücklicherweise kam es nicht so weit. Die Sectio fand wie geplant statt. Sie war zwar unangenehm und schmerzhaft, mein Sohn kam mit schweren körperlichen Behinderungen zur Welt, die wohl auf den Fruchtwassermangel nach dem vorzeitigen Blasensprung zurückzuführen waren, aber trotz allem:

Ich habe keine traumatischen Erinnerungen an die Geburt, da ich den Kaiserschnitt schon früh als unausweichlich angenommen hatte.

Bei der zweiten Geburt sollte alles anders sein

Fest stand aber schon damals, dass ich bei der zweiten Schwangerschaft eine Spontangeburt anstreben würde.

Schneller als ursprünglich geplant wurde ich im Februar 2018 erneut schwanger. Dieses Mal verlief die Schwangerschaft vollkommen unauffällig. Weder mein Frauenarzt noch meine Hebamme fanden, dass etwas gegen eine natürliche Geburt spreche.

Dank Empfehlungen aus dem Bekanntenkreis und meiner Hebamme entschieden wir uns für eine Uniklinik, die 30 Minuten Fahrtzeit von uns entfernt liegt. Beim Infoabend und Vorgespräch machten die Hebammen und Ärzte schon einen sehr netten und entspannten Eindruck bezüglich einer VBAC.

Dann begannen Wochen des Wartens, denn ich hatte bereits in der 35. Woche erste Senkwehen, der Muttermund war bald schon fingerdurchlässig und sehr weich und der Gebärmutterhals verkürzt. Dennoch ging es nach einigen Fehlalarmen erst bei ET+8 so richtig los.

Nach einer Kontrolluntersuchung im Krankenhaus und einem Waldspaziergang hatte ich alle zehn bis fünf Minuten Wehen, die abends wieder seltener wurden. Da meine Tochter aber bis tief in die Nacht die letzte Party im Bauch abhielt, bekam ich nur anderthalb Stunden Schlaf. Dann endlich wurden die Wehen stärker und wir fuhren zunächst zu meiner Hebamme.

Im Krankenhaus angekommen

Diese musste uns leider schon gegen 7 Uhr morgens ins Krankenhaus verlegen, da die Herztöne zu eintönig waren. Die Kleine war nach der Nacht offenbar einfach zu müde und wachte erst nachmittags wieder richtig auf. Im Krankenhaus sah man das zum Glück alles recht locker.

Nach dem ersten CTG war der Muttermund bei zwei bis drei Zentimetern und ich konnte erst noch mal zwei Stunden schlafen, da die Wehen nur noch alle zehn Minuten kamen und gut zu veratmen waren. Ab 11.30 Uhr, nach dem nächsten CTG, lag ich zwei Stunden in der Badewanne, wodurch der Muttermund bis um 14 Uhr auf neun Zentimeter aufgegangen ist.

Soweit waren das zwar perfekte Aussichten auf eine relativ entspannte, schnelle Geburt, aber meine Hebamme hatte am Morgen bei sich in der Praxis schon auf ein mögliches Problem hingewiesen: Das Baby lag im hohen Geradstand, d. h. mit dem Gesicht Richtung Bauchdecke, hatte sich also noch nicht richtig gedreht, um geboren zu werden.

Mein Baby hatte sich noch nicht richtig gedreht, um geboren zu werden.

Auch im Krankenhaus ging man aber bis zum Nachmittag noch davon aus, dass sie sich noch von alleine drehen würde. Erst nachmittags nach dem Baden und als die Schmerzen, die ich im Rücken während der Wehen verspürte, selbst in den Wehenpausen nicht mehr verschwanden, mussten wir alle akzeptieren, dass sie sich entschieden hatte, als Sternenguckerin zur Welt zu kommen.

Der Druck, den das Köpfchen durch die hintere Stirnlage auf meinen Darm auslöste, war extrem schmerzhaft und verschwand bis zum Ende nicht mehr. In den Wehen nahm der Schmerz noch weiter zu, bis ich in den Presswehen überhaupt nicht mehr zwischen Wehe und Wehenpause unterscheiden konnte.

Es schien kaum voran zu gehen

Gegen halb vier nachmittags waren die Schmerzen so unerträglich geworden, dass die Hebamme befürchtete, dass ich dem nicht noch lange standhalten würde. Sie traf daher vermutlich die einzig richtige Entscheidung: Sie sagte mir, ich solle nun bei jeder Wehe nur noch pressen und nicht mehr veratmen, um die Geburt endlich voranzubringen.

Der Muttermund war schließlich schon seit einiger Zeit offen, nur das Kind rutschte nicht mit jeder Wehe tiefer. In den nächsten Stunden wechselte ich immer wieder aus einer halb liegenden Position in den Vierfüßlerstand und wieder zurück.

Stehen und Sitzen kam aufgrund der heftigen Schmerzen im Darmbereich überhaupt nicht mehr infrage. Irgendwann waren die Schmerzen so stark und der Geburtsfortschritt für mich so wenig zu spüren, dass ich verzweifelt nach einem Schmerzmittel verlangte.

Eine PDA blieb wirkungslos

Während der stundenlangen pausenlosen Presswehen, die gefühlt einfach kein Ende nehmen wollten, hätte ich fast aufgegeben, hätte vielleicht sogar einem Kaiserschnitt, ganz sicher aber einer PDA zugestimmt. Mehr als ein intravenöses Schmerzmittel mache jedoch keinen Sinn, da eine PDA mir den Druck auf den Darm auch nicht nehmen könne, so die Hebamme. Das Schmerzmittel bekam ich zwar, spürte aber keinen Unterschied zu vorher.

Dann wurde die Fruchtblase zum Platzen gebracht, sodass der Druck noch stärker wurde. Schließlich riefen mein Mann, die Hebamme und die Hebammenschülerin mir immer wieder aufmunternd zu, dass man das Köpfchen schon sehen könne. Sie halfen mir sogar dabei, es selbst zu fühlen.

Allerdings rutschte das Köpfchen nach jeder Wehe wieder zurück, sodass der herbeigerufene Assistenzarzt mir nun ständig auf den Bauch drückte und das Baby festhielt, um ein Zurückrutschen zu verhindern. Von da an konnte ich natürlich nur noch halbliegen, ein Bein auf dem Bett, eins angezogen in der Luft.

Zusätzliche Unterstützung im Kreißsaal

Ein Arzt im Praktischen Jahr wurde zusätzlich vom Oberarzt hineingeschickt, um sich mit unserem Einverständnis einen „normalen Geburtsverlauf“ ansehen zu dürfen. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Oberarzt wohl keine Ahnung, wie wenig diese Geburt dem normalen Ablauf entsprechen würde.

Später stellte es sich als sehr gut heraus, dass der Praktikant dabei war und mein Bein bei jeder Wehe festhielt, denn sonst hätte ich die Spreizung der Beine wohl nicht aufrechterhalten können. Später habe ich das Bein irgendwann selbst festgehalten, während er mir den Bereich ums Steißbein herum massierte, wo der Druck am stärksten war.

Auch wenn ich es mir immer als unangenehm vorgestellt habe, dass bei einer Geburt so viele Ärzte und Hebammen um mich herumwuseln könnten, muss ich nach dieser Erfahrung sagen, dass es in der Austreibungsphase gut war, dass jeder einzelne von ihnen dabei war und es mir sowieso längst egal war, wer und wie viele im Kreißsaal waren.

Meine Tochter auf ihrem Weg in die Welt

Nach einiger Zeit war das Köpfchen dann aber doch soweit draußen, dass man Augen und Nase fühlen konnte und Arzt und Hebamme entschieden, das ganze Drama mit einem Dammschnitt etwas zu beschleunigen.

Während der Arzt weiter auf den Bauch drückte, der PJ-ler mein Steißbein massierte und die Hebammenschülerin und mein Mann mich anfeuerten, setzte die Hebamme einen mediolateralen Dammschnitt, ungefähr im 60-Grad-Winkel, und wie ich später erfuhr, recht klein.

Das überhaupt geschnitten wurde, habe ich erst nach der Geburt erfahren. In meinen Schmerzen habe ich kaum etwas davon mitbekommen, was um mich herum gesprochen wurde.

Endlich kam mein Mädchen zur Welt

Und dann kam plötzlich die letzte Wehe, von der ich in diesem Moment nie gedacht hätte, sie würde die letzte sein, und meine Tochter fiel aus mir heraus. Nun war es 19.20 Uhr. Nachdem ich vormittags ganz zuversichtlich dachte, nachmittags gegen drei oder vier Uhr sei es geschafft, war ich nun vollkommen überrascht, dass ich diese Schmerzen über vier Stunden hinweg ausgehalten habe.

Die kleine Maus fing sofort an zu schreien und wurde mir auf die Brust gelegt (Apgar-Werte waren super: 9/10/10), aber – wie mir mein Mann und die Hebammenschülerin später berichteten – begann damit noch mal eine stressige Phase für die fleißigen Geburtshelfer: Ich hatte eine Atonie der Gebärmutter, sodass die Nachgeburt ohne Oxytocin über den Wehentropf wohl nicht herausgekommen und zu noch schlimmeren Blutungen geführt hätte.

Anschließende Komplikationen – ich bekam davon nichts mit

Zusätzlich sind einige Gefäße in der Scheide gerissen, was sowieso schon sprudelnde Blutungen auslöste, sodass mein Blutverlust am Ende insgesamt auf zwei Liter geschätzt wurde.

Die Hektik beim Anhängen des Tropfes und beim Stillen der Blutungen ging vollkommen an mir vorbei.

Kurz musste ich meine Tochter noch einmal meinem Mann geben, um die Plazenta schließlich doch herauspressen zu können, dann lag sie schon wieder auf mir. Ich war einfach so ungeheuer glücklich, es dieses Mal trotz der erschwerten Bedingungen auf natürliche Weise geschafft zu haben, dass mir alles andere nebensächlich erschien.

Den Ernst der Lage erkannte ich erst viel später, als wir den vollgebluteten Kreißsaal verließen und mir mein Mann und die Hebammen im Nachbarkreißsaal erklärten, was da eigentlich passiert war.

Eine natürliche Geburt unter unnatürlichen Bedingungen

Wie sich im Nachhinein herausstellte, ist mein Becken ungewöhnlich geformt. Es ist runder und weniger oval als bei den meisten anderen Frauen. Deshalb hat wohl die kleine Maus – die mit 3820g, 52cm und 34,5 KU gar nicht so winzig war – sich auch so drehen können. Vielleicht war das für sie sogar die einzige Lage, in der sie natürlich zur Welt kommen konnte.

Überrascht hat die Hebamme auch, dass sie ihr Köpfchen weder gebeugt oder überstreckt hat, sondern mit gerade gehaltenem Kopf geboren wurde und deshalb mit dem größtmöglichen Kopfdurchmesser durchs Becken musste. Laut Lehrbuch soll diese Lage eigentlich geburtsunmöglich sein; vielleicht hat auch das nur aufgrund meiner Beckenform so funktioniert.

Dass alles so glücklich ausging, habe ich wohl ganz wesentlich den Hebammen und Ärzten zu verdanken, die trotz der Komplikationen immer Ruhe und Kompetenz ausstrahlten und das Wort „Kaiserschnitt“ kein einziges Mal in den Mund nahmen.

Hebamme, Ärzte und meine Tochter – ein tolles Team

Zudem hat wohl auch meine Tochter ihren Anteil daran, denn ihre Herztöne blieben während der ganzen langen Austreibungsphase bis auf die letzten zwei Minuten so hervorragend, dass eine mögliche Indikation für einen Kaiserschnitt damit wegfiel.

Und auch wenn er in meinem Bericht kaum einmal erwähnt wird, war es für mich unglaublich wichtig, meinen Mann an meiner Seite zu wissen. Ich bin nicht sicher, wie ich das ohne ihn, der mir immer wieder Mut gemacht oder mich sogar zum Lachen gebracht hat, geschafft hätte.

Wie wichtig ist mentale Vorbereitung auf eine Geburt?

Doch inwieweit hat mir die mentale Vorbereitung auf die Geburt geholfen? Im Nachhinein ist es schwer einzuschätzen, was ohne sie anders gelaufen wäre. Einerseits kam es zwar nicht zur Sectio, andererseits entsprach die Geburt aber keinesfalls meinen Vorstellungen einer Idealgeburt.

Heute weiß ich, dass die Idealgeburt für mich immer eine Utopie war. Auch mit der besten Vorbereitung hätte niemand meine Beckenform ändern oder den Kopf des Babys drehen können.

Das Geburtserlebnis selbst war zwar heilsam im Sinne von „jetzt habe ich endlich einmal diese Erfahrung machen dürfen“, „ja, ich kann natürlich gebären“ und „ich konnte im Umgang mit Schmerzen einiges über mich selbst lernen“. Insgesamt war es aber ein Tag, den ich nicht unbedingt noch einmal durchstehen will.

Gleichzeitig bin ich sicher, dass die mentale Vorbereitung der Geburt ihren Anteil am Erfolg hatte, indem sie mir zu einer optimistischen Grundeinstellung verholfen hat. Außerdem, das ist mir aber erst im Rückblick klar geworden, muss eine erfolgreiche Spontangeburt nicht zwingend auch ein schönes Geburtserlebnis sein.

Eine erfolgreiche Spontangeburt muss nicht zwingend auch ein schönes Geburtserlebnis sein.

Erstens ist ohnehin am wichtigsten, dass Mutter und Kind alles gut überstehen und zweitens war die Erfahrung an sich die ganzen Anstrengungen und Schmerzen wert. Es war zutiefst befriedigend, festzustellen, dass ich die Kraft und das Durchhaltevermögen hatte, diese schmerzhafte Geburt durchzustehen.

Davor hätte ich mir das nicht zugetraut und zeitweise war ich kurz davor, aufzugeben. Umso schöner war es zu spüren, dass das für unmöglich Geglaubte eben doch wahr werden kann, wenn man die Hoffnung nicht aufgibt und ein bisschen Selbstvertrauen mitbringt.

Weitere Infos zum Mentalkurs, von dem hier die Rede ist findest Du unter: diesem Link zum Mentalkurs

Falls Du Fragen zum Kurs hast, schreib mir gerne unter: info@geburt-nach- kaiserschnitt.de

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