14. September 2017

4 Kommentare

Soll ich einen Geburtsbericht schreiben? Und wenn ja, warum? 

Die Geburt meines ersten Kindes ließ mich verletzt zurück.

So hoffnungsfroh und freudvoll, wie sie begann, so plötzlich endete sie 24 Stunden später im Op-Saal. Ich konnte erst gar nicht fassen, was mit mir geschah. Alles stürzte auf mich ein und ich fühlte mich innerlich wie erstarrt.

Und dies, obwohl ich als Medizinstudentin bereits bei vielen Kaiserschnitten zugesehen oder sogar assistiert hatte.

Diese Art der Geburt war mir also durchaus vertraut und ich machte mir wenig Gedanken darüber, was es bedeutete, wenn ein Baby durch einen Kaiserschnitt zur Welt kam. Damals waren das für mich zwei völlig gleichwertige Möglichkeiten, sein Kind zur Welt zu bringen.

Doch wie anders fühlte es sich an, als ich selbst davon betroffen war.

Irgendwann beschloss ich, meine Gedanken zu sortieren und die Erfahrungen, die ich während meiner Geburt machte, aufzuschreiben.

Obwohl das Schreiben den Schmerz über die Geburt nicht sofort linderte, konnte ich langsam verstehen, was passiert war und für mich ein Stück weit Frieden mit dieser Geburt schließen.

Deshalb möchte ich Dich an dieser Stelle dazu ermutigen, irgendwann nach der Geburt, alles woran Du Dich erinnerst, aufzuschreiben.

Gleichzeitig möchte ich mit diesem Text Anregungen geben, welche Themen rund um die Geburt, Inhalt eines solchen Berichtes sein könnten.

Deinen Geburtsbericht schreiben

Auch Mütter, die die Geburt ihres Kindes sehr positiv erlebt haben, schreiben einen Geburtsbericht.

So können wichtige Erinnerungen und vor allem kleine Details der Geburt festgehalten werden, die später in Vergessenheit geraten würden.

Umso wichtiger kann so ein Bericht sein, wenn die Geburt nicht wie gewünscht oder erhofft, verlaufen ist.

Kein Geburtsprotokoll, kein OP Bericht und schon lange kein CTG-Streifen können die Gefühle und persönlichen Erinnerungen einer Mutter an die Geburt ersetzen.

Neben den sachlichen Abläufen kann es für die eigene Reflexion der Geburt hilfreich sein, wenn folgende Punkte erwähnt werden:

11 Wichtige Punkte, die in Deinen Geburtsberichte einfließen könnten:

  • Wie habe ich mir die Geburt vorgestellt?
  • Wie habe ich die Geburt tatsächlich empfunden?
  • Was war gut, was war schlecht?
  • Gab es Grenzüberschreitungen? Wenn ja, durch welche Personen?
  • Habe ich soetwas schon einmal an anderer Stelle erlebt?
  • Was hat mir bei dieser Geburt gefehlt?
  • Was möchte ich beim nächsten Mal anders machen?
  • Was möchte ich beim nächsten Mal wieder so machen, weil es gut war, oder mich gestärkt hat?
  • Wer hat mich bei der Geburt gut unterstützt? Wer war eher nicht so hilfreich?
  • Was habe ich aus dieser Geburt gelernt?
  • Was an dieser Geburt hat mich stärker gemacht?

Die Deutungshoheit über die Geburt zurück holen

Geburtsberichte sind individuelle Zeugnisse eines ganz besonderen Ereignisses im Leben einer Mutter. Durch das Schreiben eines Geburtsberichtes kann ich mir als Frau und Mutter die Deutungshoheit über dieses Ereignis zurück holen, besonders dann, wenn mir durch die Geburtshelfer, also Hebamme oder Arzt signalisiert worden ist, dass die Geburt anders abgelaufen ist, als ich persönlich das erlebt habe.

Wie und an wen gerichtet?

Geburtsberichte können als Bericht, in Stichpunkten, als Brief oder mit Hilfe des intuitiven Schreibens verfasst werden. Manche Mütter schreiben den Bericht von Hand, andere am PC. Der Bericht kann sich an die Hebamme, den Partner, das Baby oder eine andere Person richten.

Und dann?

Mit wem dieser Bericht jetzt oder später geteilt werden soll, bleibt Dir überlassen.

Vielleicht möchtest Du den Bericht wie einen geheimen Schatz hüten oder mit einer Freundin, der Hebamme, der Doula oder Deinem Partner teilen. Eine Möglichkeit ist es auch, diesen Bericht dem Baby vorzulesen oder besonders dann, wenn er ungute Erfahrungen enthält, diese symbolisch loszulassen, z.B. in dem man den Bericht nach dem Schreiben verbrennt oder ihn z.B. als Schiffchen gefaltet ins Wasser setzt, wo er davon treiben kann.

Ruhe und Zeit

Falls Du Dich entscheidest, Deine Erlebnisse rund um die Geburt aufzuschreiben, laß Dir Ruhe und Zeit. Zwinge Dich nicht. Wenn Du eine schwierige oder gar traumatische Geburt erlebt hast, kann es sein, dass es Dir schwer fällt, alles in Worte zu fassen. Vielleicht ist dann jetzt noch nicht der richtige Zeitpunkt dafür.

Wann braucht eine Mutter weitergehende Hilfe?

Es kann sein, dass Du diese Geburt zunächst besser mit einer Fachperson aufarbeitest. Besonders, wenn Du wegen der zurückliegenden Geburt unter Schlafstörungen oder unter so genannten Flashbacks (wiederkehrende Bilder von der Geburt, die z.B. durch Gerüche, Geräusche oder den Anblick von Orten oder Personen im Alltag ausgelöst werden) leidest oder Dich in Deinem Alltag beeinträchtigt fühlst, solltest Du Dich unbedingt an eine Fachperson wenden.

Wenn Du Dich in solch einer Situation um professionelle Hilfe bemühst, hat das nichts mit Wehleidigkeit oder mangelnder Stärke zu tun, sondern Du tust genau das Richtige.

Wer hilft?

Bei der Entscheidung, an welche Fachperson Du Dich schlussendlich wendest, ist es wichtig, dass diese Person nicht nur eine Ausbildung in Trauma-Therapie hat, sondern auch weiß, welche Auswirkungen traumatische Geburtserfahrungen haben können.

Auch heute ist es leider noch so, dass manche Therapeuten, Mütter, die unter traumatischen Geburtserfahrungen leiden, nicht ernst nehmen oder ihnen sogar absprechen, dass eine Geburt traumatische Auswirkungen haben kann. Vor der Wahl eines Therapeuten ist es daher sehr wichtig, abzuklopfen, ob diese Person für die Behandlung von dieser Art Trauma geeignet ist.

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  1. Meine Freundin steht kurz vor der Geburt. Interessant, dass die eventuell auch noch nach der Geburt Hilfe benötigt. Aber ich werde mal den Facharzt für Geburtshilfe fragen.

  2. Vielen Dank für diesen Beitrag zum Thema Geburtsbericht. Gut zu wissen, dass ein Geburtsbericht einem die Erfahrung erleichtern kann. Meine Freundin ist auch schwanger und benötigt wahrscheinlich Geburtshilfe.

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