6. Juli 2019

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Nach meinem Kaiserschnitt kam unser Fridolin tatsächlich in einer Hausgeburt zu Welt.

Fridolin kam am 24.6. vor unserem Bett, aus der tiefen Hocke, zur Welt.

Eine kurze Vorgeschichte: Meine Tochter kam 2015 per Notkaiserschnitt zur Welt. Die Geburt war für mich und meinen Mann sehr traumatisch. Sehr bald stand für uns beide fest, dass unser nächstes Kind zu Hause zur Welt kommen sollte.

So geschah es, dass ich im Juli 2017 eine kleine Geburt zu Hause hatte. Das Baby kam in der 10. Woche zur Welt. Der Geburtsbericht ist hier nachzulesen.

Endlich wieder schwanger

Im Oktober 2017 wurde ich spontan wieder schwanger. Die ersten Wochen waren erfüllt von Unsicherheit. Würde dieses Baby bei uns bleiben? Diese Schwangerschaft verlief so anders als die Erste.

Die ersten drei Monate hatte ich einen sehr niedrigen Blutdruck. Ab dem 4. Monat Übelkeit. Und ab Mitte der Schwangerschaft starke Beckenschmerzen. Schon im ersten Trimester begann ich mich intensiv mit der Geburt auseinanderzusetzen.

Ich las Bücher: Meisterin der Geburt, Alleingeburt, Hypnobirthing, selbstbestimmte Geburt, Wunschgeburt u.v.m.

In der 32. Woche legte ich das letzte Buch zur Seite und dachte mir, dass ich nun abschalten möchte. Genießen. Dann drehte sich das Baby spontan in BEL. Am selben Tag verabschiedet sich meine Hebamme in den Urlaub.

Es begannen drei sehr anstrengende Wochen. Spinnig Babys. Osteopathie. Akupunktur. Zureden. Babyflüstern mit der lieben Marion König. Gespräche mit der „Ersatzhebamme“ Claudia. Alles blieb ohne Erfolg. Ich machte mir schon Gedanken über eine Alleingeburt in BEL.

Obwohl ich sehr unsicher war, machte ich einen Termin bei Frau Dr. Basters-Hoffmann in Lörrach für eine äußere Wendung. Ich nahm mir vor auf mein Gefühl zu hören, wenn wir dort sind. Bei meiner Gynäkologin fühlte ich mich sofort sehr wohl.

Ich drehte das Baby mit den „inneren Händen“ (Danke Marion König) mit uns sprach mit dem Baby. Sie machte die Wendung absolut entspannt, ruhig, schmerzfrei und erfolgreich. Also stand nun der Hausgeburt nichts mehr im Wege. Ich war so froh. 

Nun wollte ich endlich noch genießen, abschalten

Nun wollte ich endlich noch genießen, abschalten. Die Zeit mit meiner Tochter in vollen Zügen und meinen Bauch. Das tat ich nun ausgiebig.

Die Geburt rückt näher

In der letzten SS-Woche musste alles noch erledigt werden. Schnell noch einen Termin mit einem befreundeten Fotografen, die restlichen Dinge für die Hausgeburt besorgen. Mit meiner Tochter ins Thermalbad (nochmals Intensiv-Zeit). 

Freitag und Samstag ging es mir ganz merkwürdig. Krankheitsgefühl. Erschöpft. Genervt. Weinerlich. Samstag abend machte ich alles fertig! Doch noch ein Beutel richten, falls wir ins Krankenhaus müssten. Pool aufblasen. Die Wohnung räumte ich auch noch auf.

Ich stieg vor dem zu Bett gehen in die Wanne und sprach mit dem Baby. „Jetzt kannst du kommen, wenn du magst! Ich bin bereit für dich.“ Ich schlief sehr schlecht in der kommenden Nacht. Wie auch die Nächte davor.

Meine Tochter war auch unruhig — sie hatte sich tags zuvor die Knie aufgeschürft und kam immer wieder rüber gerollt. Ich genoss es. Wie sie ihren Körper an mich presste. Ich wurde melancholisch und mir liefen ein paar Tränen.

Ein idyllischer Sonntag

Der Sonntag startet ganz entspannt. Gegen Mittag begann ich neben dem Mittagessen kochen, eine Hühnerbrühe anzusetzen. Nach dem Mittag legte ich mich hin mit dem Kommentar: „Also heute kommt’s! Oder eben in zwei Wochen“.

„Also heute kommt’s! Oder eben in zwei Wochen“.

(Wir hatten zwei Termine — unser Termin: der 25. Juni / Ultraschall berechnet war der 3. Juli). Mann und Tochter kuschelten sich zu mir. Ich erzählte unserer Tochter, wie es bei ihrer Geburt losging

Es war eine Gewitternacht und wir hörten damals Ronja Räubertochter. Dann kam der Blasensprung … kurz darauf! Im selben Moment der Erzählung passiert es mir wieder: Blasensprung.

Es ging los! Wieder ein Blasensprung. Es war 13 Uhr. Ich dachte sofort an die überfrequentierten Wehen, die erste Geburt. Und es stellt sich ein kurzzeitig ein Gefühl der Unsicherheit ein. Dann wurde ich ganz ruhig.

Ich instruierte alle Beteiligten und nahm eine Dusche. Nicole, unsere Hebamme, traf 20 Minuten später bei uns ein. Der PH-Test war eindeutig. Sie untersuchte mich vaginal, um sicher zu gehen, dass das Baby „richtig herum“ lag — sie war sich nicht ganz sicher.

Sie schaute mich an und meint: „Sarah, ich bin mir nicht sicher, ob das Baby noch in SL liegt.“ Ich war verwundert. Gleichzeitig absolut sicher. Ich hatte die letzten Wochen jeden Tag darauf geachtet. Und ich kannte doch den Unterschied zwischen Kopf und Po und wusste, wie es sich anfühlt!

Es ging zur Kontrolle ins Krankenhaus

Sie schlug vor ins Krankenhaus zu fahren, damit sie sicher gehen konnte. Ich willigte ein und machte mich mit ihr auf den Weg. Mein Mann blieb mit unserer Tochter zu Hause, weil meine Schwester jeden Moment kommen würde.

Im Krankenhaus mussten wir warten, bis ein Arzt kam. Ich wurde ungeduldig, weil die Wehen stärker wurden. Nicole holte sich spontan das Ultraschallgerät und nach ein paar Versuchen gelang es uns das Ding ans Laufen zu bekommen.

Der Kopf lag unten! Alles war gut. Schnell ging es nach Hause, wo kurz darauf die Wehen regelmäßig einsetzen. Es war 15.15 Uhr und Nicole fuhr wieder. Meine Schwester holte unsere Tochter ab. Ich bereitete mich vor: Zündete die Kerzen an, schalte die Musik an, legte die Geburtsbegleiter der Frauen zurecht.

Die nächsten Stunden verbrachte ich nach „Meisterin der Geburt“ im Türrahmen, was unendlich gut tat. Ich hatte das Gefühl, dass ich so voll war, konnte aber den Stuhl nicht ablassen. Mein Mann rief Nicole an (17.20), um zu fragen, was wir tun könnten, damit ich aufs Klo könne.

Nicole riet von einem Einlauf ab, da das stark auf den Kreislauf schlagen kann. Gegen 17.40 Uhr bat ich ihn Nicole zu rufen. Die Wehen waren bis dahin wundervoll. Ich fühlte eine tiefe Verbindung zum Kind. Ich spürte, wie es sich in den Wogen der Wehen bewegt. Arbeite mit den Wehen. Veratmete sie in meinem Rhythmus – ganz entspannt.

Die Wehen wurden intensiver

Jetzt wurden die Wehen intensiver. Nicole kam zu uns nach Hause. Ab jetzt ging es dann zügig voran. Nicole schlug vor, dass ich mich vors Bett hocke, auf den Knien, mein Mann vor mir und sie stützte mich (18.30).

Ich steige in den Pool (19.00). Im ersten Moment fühlt es sich gut an, aber das Wasser war mir zu warm, also kühlt Nicole ab. Mein Mann stieg mit rein, aber unter den Wehen fühlte ich mich nicht gut darin. Ohne fixen Punkt. Schwerelos. Ich wollte raus.

Nicole untersuchte mich vaginal: Der Muttermund war 5 bis 6 cm geöffnet. Die Wehen wurden sehr intensiv im Wasser. Nicole versuchte mich zu überzeugen mich fallen zu lassen. Ich stieg wieder aus der Wanne (19.15). Zurück ins Schlafzimmer zur Position auf die Knie.

Meine Tochter konnte bei der Geburt nicht dabei bleiben

Dann kamen meine Schwester und unsere Tochter zurück aus dem Tierpark. Meine Idee war, dass sie dabei sein kann, wenn sie es wollen würde. Sie war müde und weinte, weil sie nicht richtig bei mir sein konnte.

Ich schlug vor, dass mein Mann sich nun um unsere Tochter kümmern würde und meine Schwester bei mir bliebe. Das funktionierte jedoch nicht. Ich brauchte meinen Mann. Nur er konnte mir den Halt geben, den ich brauchte.

Meine Schwester lief mit unserer Tochter, im Hinterhof, in der Tragehilfe, auf und ab. Aber Mausi fand nicht in den Schlaf. Also beschlossen wir, dass sie zur Schwester nach Hause fahren würde. Schade, dachte ich mir. Aber gleichzeitig war ich froh, weil ich spürte, dass es so richtig war und ich in Ruhe weiter machen konnte.

Die Geburt geht ins Finale

Mehr und mehr spürte ich die Kraft, die mich nach unten zog. Irgendwie mochte ich jetzt nicht mehr. Ich fragte, wie lange noch dauern würde. Zu hören, dass ich es schaffen werde, mochte ich sehr (20.00). Dann wollte ich wieder aufs Klo (20.20). Und hatte das Gefühl, dass ich den Stuhl ablassen muss. Erfolglos.

Ich war ein bisschen verzweifelt und hatte Angst vor dem Schmerz.

Nicole schlug vor, dass ich mich hinlege in die Seitenlage. Das wollte ich nicht und wurde sogar etwas stinkig! Sie meinte, dass ich es versuchen solle. Ich lies mich darauf ein, schimpfte und motzte aber.

Irgendwann meinte sie, dass wir ja auch ins Krankenhaus fahren könnten. Aber das wollte ich auf keinen Fall. Ich war mir sicher und sagte es auch laut: „Ich schaffe das!“. Nun wurde ich wütend. Nicole ermutigte mich den Schmerz zuzulassen und das tat ich. Aber ich zweifelte.

Es war heftiger als erwartet

Ab dann ging es rund (20.40). Die Wehen werden mächtig und ich ging in die Seitenlage. Dann sagte ich zu meiner Hebamme: „Nicole, dann presse ich jetzt aber auch!“ „Ja — mach!“ sagte sie. Zu dem Zeitpunkt war der MM komplett offen.

Irgendwie verstand ich erst dann, dass es jetzt losging. Dann entleerte ich mich, öffnete mich, gab mich diesen übermächtigen Wehen hin. Ich schrie. Nicole informierte die Zweithebamme Claudia.

Ich freute mich so sehr, dass Claudia kommen sollte. Sie hatte mich in den drei Wochen, in denen Nicole im Urlaub war vertreten, und ich mag sie sehr. Ich ging wieder zurück zum Boden mit dem Rücken zum Bett, in die tiefe Hocke. Harry hielt mich.

Claudia traf um 21.10 Uhr ein. Der Moment, in dem die Türe aufging, war ich kurz irritiert und vergewisserte mich, dass die Türe wieder zu war. Kurz war mein geschützter Raum gestört, aber als ich Claudia sah, war ich froh und fühlte mich nochmals sicherer.

Ab jetzt schob ich das Baby raus.

„Wo sind deine Löwenmamakräfte?“ fragte Nicole. Ich brüllte und war überrascht, wie laut ich sein kann. Irgendwann stand ich auf, nur um kurz darauf wieder runter zu gehen. Tatsächlich hatte ich Angst, dass das Baby nicht durchpassen könnte (21.20).

Also versuchte ich andere Stellungen und ging wieder zurück zu Harry in die tiefe Hocke. Nicole schlug vor, dass Harry seine Waden unter meinen Po schob, wie ein Gebärhocker. Jetzt fühlte ich mit meiner Hand den Kopf. Es passiert wirklich. Das Baby wurde durch mich hindurch geboren!

Es passiert wirklich. Das Baby wurde durch mich hindurch geboren!

Wahnsinn. Diese Kraft! Nicole hielt mir einen warmen Waschlappen hin. Ich mochte keinen Dammschutz von Nicole. Daran kann ich mich heute gar nicht mehr erinnern und weiß es nur aus ihren Erzählungen.

Der Kopf wurde in meine Hand geboren. Was ein außergewöhnliches Gefühl! Das Baby schrie kräftig und mit der nächsten Wehe kam der Körper zu Welt. Ich konnte es kaum fassen. Da lag es vor mir — so wunderschön! Unser Kind! Es ist 21.31 Uhr.

In meiner Erinnerung schnappte ich es mir und nahm es zu mir hoch. Tatsächlich hat Nicole es aufgefangen, abgesaugt und abgerieben. Davon habe ich nichts mitbekommen. Ich hatte das Baby fest im Arm und war so glücklich und fassungslos. Mein Mann und ich staunten einfach nur.

Eine hektische Nachgeburt

Dann hörte ich Nicole fluchen, denn ich verlor viel Blut. Beim Versuch der Plazentageburt passierte es – die Nabelschnur riss ab. Die Hebammen wurden hektisch. Ich war in Trance. Ganz ruhig und zuversichtlich.

Ich gab das Baby zu meinem Mann. Er nahm es auf die Brust. Die Blutung konnte gestoppt werden. Erst jetzt schauten wir nach, was für ein Geschlecht es ist — ein Junge.

Ich lag auf dem Bett. Die folgenden Wehen waren zu schwach, sodass die Plazenta nicht rauskam. Ich stand nochmals auf und versuchte sie in der tiefen Hocke rauszupressen. Ich bekam ein wehenförderndes Mittel gespritzt. Die Wirkung war nicht stark genug.

Also legte ich mich wieder aufs Bett. Nicole schlug vor, die Plazenta mit der Zange zu holen. Ich fühlte auch noch nach, kam an die Plazenta ran, konnte sie aber nicht rausholen. Der Geburtsgang war noch vollständig geöffnet.

Nicole schaffte es die Plazenta rauszuholen und ich presste mit. Endlich konnte ich unseren Schatz wieder zu mir nehmen, stillen und ihn genießen!

Mein Dammriss war stark und ich wurde lange Zeit genäht.

Nach etwa einer Stunde kam meine Schwester mit unserer Tochter. Die Augen meiner Tochter werde ich niemals vergessen. Sie kuschelte sich zu uns, schaute ihren Bruder an, küsste und streichelte ihn.

Die Geburt war nicht so wie ich sie mir vorgestellt habe. Sie war viel kraftvoller. Durchaus schmerzhaft – unglaublich – wunderschön – heilsam. Ich bin so stolz, dass ich das geschafft habe.

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