10. März 2018

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Die Geburt Deines Kindes ist nicht so verlaufen, wie Du es Dir gewünscht hast? Du bist traurig oder sogar schockiert und zutiefst verletzt, wenn Du an die Geburt zurück denkst?

Mit diesen Gefühlen bist Du nicht allein

Leider erfahren viele Mütter die Geburt ihres Kindes als körperlich und seelisch belastend. Auch mich hat die Geburt meines ersten Kindes körperlich und seelisch verletzt zurück gelassen und noch heute, nach mehr als 18 Jahren, werde ich manchmal traurig, wenn ich an diese Geburt zurück denke.

Es kann sein, dass Du nach einer solchen Erfahrung nicht mehr die gleiche Frau bist, wie zuvor. Es kann sein, dass Du Dich erstarrt fühlst oder wie in einer irrealen Welt.

Es kann passieren, daß Du seither unter körperlichen Symptomen, wie Panikattacken, Schlafstörungen oder Herzrasen leidest.

Dabei ist völlig irrelevant, wie Außenstehende die Geburt Deines Kindes erlebt haben.

Denn:

Allein DEINE Gefühle und Wahrnehmungen sind entscheidend. DEINE Gefühle sind richtig und dürfen ihren Platz haben.

Möglicherweise kannst Du Dir jetzt noch gar nicht vorstellen, dass Du Deine Erlebnisse rund um die Geburt jemals auflösen und dass Du Dich wieder ganz fühlen kannst.

Doch das ist möglich. In kleinen Schritten und mit viel Zeit. Auch dann, wenn Dich die Erinnerungen an die Geburt schon über längere Zeit belasten oder wenn sie Dich in Deinem Alltag beeinträchtigen.

Du kannst jederzeit damit beginnen, Dich auf Deine Heilungsreise zu begeben.

Zunächst zeige ich Dir einige erprobte Möglichkeiten der Selbsthilfe, die nicht nur mir, sondern auch vielen anderen Müttern in dieser Situation geholfen haben.

Möglichkeiten der Selbsthilfe, um das Geburtserlebnis zu verarbeiten

  • Über die Geburt mit dem Partner oder anderen Müttern sprechen
  • Einen Geburtsbericht schreiben
  • Das Babyheilbad nach Brigitte Meissner: Bonding nachholen
  • Ausgiebig Wochenbett halten: Mothering the Mother

Danach möchte ich Dir zeigen, welche Hilfsangebote unter anderem bestehen, wenn Du mit den hier vorgestellten Möglichkeiten der Selbsthilfe nicht weiter kommst.

  • Kognitive Verhaltenstherapie
  • EMDR (Eye Movement Desensitization and Reprocessing)
  • Somatic Experiencing nach Peter Levine
  • Psychodynamisch Imaginative Trauma Therapie nach Reddemann
  • Emotionelle erste Hilfe

Über die Geburt sprechen

Darf ich sagen, dass mich die Erinnerungen an die Geburt meines Babys belasten? Darf ich um die natürliche Geburt trauern, wenn ich doch nach dem Kaiserschnitt ein gesundes Kind in den Armen halte?

Viele Mütter trauen sich nicht, über schwierige Geburtserlebnisse zu sprechen. Sie haben Angst, nicht ernst genommen zu werden.

Vielleicht hat bereits in der Klinik jemand zu ihnen gesagt: Hauptsache Ihr Kind ist gesund! Oder Stellen sie sich nicht so an! Das gehört dazu.

Diese Aussagen treffen Mütter mit schwierigen Geburtserfahrungen mitten ins Herz.

Sie bedeuten, dass es keine Rolle spielt, wie Du die Geburt erlebt hast und dass Dein seelisches und körperliche Befinden unwichtig ist.

Und das stimmt einfach nicht. Es ist nicht egal, wie Du geboren hast. Es ist nicht egal, ob Du bei der Geburt verletzt oder übergangen wurdest.

Deshalb sprich über die Geburt, wenn Du das möchtest. Mit dem Partner, mit der Familie, mit Freundinnen oder auch auf Treffen von Selbsthilfegruppen.

Es kann aber auch sein, dass Du nicht über das Erlebte sprechen möchtest. Denn jede Art der Reaktion auf eine traumatische Erfahrung ist richtig. Ein Trauma ist immer eine normale Reaktion von Körper und Seele auf ein unnormales Ereignis.

Einen Geburtsbericht schreiben

In einem Geburtsbericht kannst Du wichtige Erinnerungen und vor allem Details der Geburt festhalten, die sonst später in Vergessenheit geraten würden.

Wenn die Geburt nicht wie erhofft verlaufen ist, kann dieser Bericht besonders wichtig sein.
Kein Geburtsprotokoll, kein OP Bericht und schon lange kein CTG-Streifen können Deine Gefühle und persönlichen Erinnerungen ersetzen.

Neben den sachlichen Abläufen kann es wichtig sein, folgende Punkte in den Bericht aufzunehmen:

• Wie hatte ich mir die Geburt vorgestellt?
• Wie habe ich die Geburt tatsächlich empfunden?
• Was war gut, was war schlecht?
• Gab es Grenzüberschreitungen? Wenn ja, durch welche Personen?
• Habe ich Ähnliches schon einmal an anderer Stelle erlebt?
• Was hat mir bei dieser Geburt gefehlt?
• Was möchte ich beim nächsten Mal anders machen?
• Was möchte ich beim nächsten Mal wieder so machen, weil es gut war, oder mich gestärkt hat?
• Wer hat mich bei der Geburt gut unterstützt? Wer war eher nicht so hilfreich?
• Was habe ich aus dieser Geburt gelernt?
• Was an dieser Geburt hat mich stärker gemacht?

Wenn Du eine schwierige oder gar traumatische Geburt erlebt hast, fällt es Dir vielleicht schwer, das Erlebte in Worte zu fassen. Vielleicht ist dann jetzt (noch) nicht der richtige Zeitpunkt dafür.

Was kann Dir ausserdem helfen, eine schwierige Geburt zu verarbeiten?

Einige Mütter, die eine schwierige oder schmerzhafte Geburt erlebt haben, können über die Beziehung zum Baby ihren Frieden finden. Stillen, Tragen, gemeinsam schlafen können dazu beitragen, dass seelische Wunden heilen.

Das Babyheilbad nach Brigitte Meissner

Konnte der erste innige Körperkontakt nach der Geburt nicht stattfinden, können Mutter und Baby diese Erfahrung nachholen. In einigen Geburtskliniken wird das so genannte Babyheilbad nach Brigitte Meissner bereits routinemäßig bei schwierigen Geburten auf der Wochenstation angeboten.

Eine Begleitperson, meistens die Hebamme, badet das Baby und legt es dann es nackt und feucht auf die unbekleidete Brust der Mutter, die im Bett liegt. Beide werden warm zugedeckt. So wird die Situation nach der Geburt simuliert und Mutter und Baby können die ersten wichtigen Momente, die ihnen nach dem Kaiserschnitt nicht vergönnt waren, nachholen. Zumeist bleibt die Hebamme oder Stillberaterin, am Anfang bei der Mutter um sicher zu stellen, dass die Mutter mit der Situation nicht überfordert ist, und zieht sich später zurück. Weitere Informationen findest Du im Buch „Emotionale Narben aus Schwangerschaft und Geburt auflösen“ von Brigitte Renate Meissner

Die Mutter bemuttern oder Mothering the Mother

Nicht nur nach einem Kaiserschnitt benötigen Eltern im Wochenbett besonders viel Hilfe und Entlastung im Alltag, vor allem bei den Haushaltstätigkeiten.

Ein Baby zu bekommen, ist eine körperliche Höchstleistung, erst Recht, wenn damit eine große Bauchoperation verbunden war. Außerdem bedeutet die Geburt und die Zeit danach auch eine riesige emotionale Umstellung.

In dieser Zeit brauchst Du die maximale Unterstützung Deines Umfeldes. Daher kommt auch das Wortspiel „die Mutter bemuttern“. Denn je besser Du bemuttert wirst, um so besser kannst Du für den neuen kleinen Menschen sorgen. Und um so besser können Deine seelischen und körperlichen Wunden heilen.

Wann brauchst Du vielleicht weitergehende Hilfe?

Gelingt es Dir nicht, die Erlebnisse rund um die Geburt in Worte zu fassen? Vielleicht ist das Erlebte zu schlimm gewesen oder die Erinnerung zu schmerzhaft?

Besonders, wenn Du seit der zurückliegenden Geburt unter Schlafstörungen oder unter so genannten Flashbacks (wiederkehrende Bilder von der Geburt, die z.B. durch Gerüche, Geräusche oder den Anblick von Orten oder Personen im Alltag ausgelöst werden) leidest oder wenn Du Dich   in Deinem Alltag beeinträchtigt fühlt, kann es sein, dass Du professionelle Hilfe brauchst.

Das hat nichts mit Wehleidigkeit oder mangelnder Stärke zu tun, sondern es ist genau das Richtige, was Du für Dich und Deine Familie tun kannst.

Ich muss voraus schicken, dass es DEN therapeutischen Weg, der für alle passt, nicht gibt. Es geht vielmehr darum, das Du Dich für eine achtsame Begleitung entscheidest und auf Deine innere Stimme achtest.

Als hilfreich bei der Verarbeitung von schwierigen oder belastenden Geburtserfahrungen haben sich unter anderem folgende Methoden erwiesen.

Ich nenne diese Methoden, weil sie Dir helfen können, wenn Du Dich auf die Suche nach einer Therapie machst. Es gibt außer den hier vorgestellten Methoden aber noch viele weitere Möglichkeiten der Bearbeitung von Traumata.

Eine Übersicht, über sehr viele unterschiedliche Methoden der Trauma-Arbeit bietet die Seite:

Therapie.de

Kognitive Verhaltenstherapie

Bei der kognitiven Verhaltenstherapie sollen Denk- und Verhaltensmuster verändert werden, die durch das Trauma entstanden sind. Es werden Methoden der Umstrukturierung und der Trauma Konfrontation eingesetzt.

EMDR

EMDR steht für Eye Movement Desensitization and Reprocessing. Auf Deutsch bedeutet das Desensibilisierung und Verarbeitung durch Augenbewegungen. Diese Therapie zur Behandlung von Traumafolgestörungen hat Dr. Francine Shapiro in den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts in den USA entwickelt. Zahlreiche Studien haben inzwischen die Wirksamkeit von EMDR nachweisen können.

Somatic Experiencing nach Peter Levine

Dies ist eine körperorientierte Methode in der vor allem mit den körperlichen Prozessen gearbeitet wird. Dabei werden die anhaltenden Reaktionen auf das Trauma aufgegriffen und sollen zu einer Lösung geführt werden. Auf diese Weise kann das Gefühl der Erstarrung und Lähmung, das durch das Trauma entsteht, allmählich durch ein Gefühl der Lebendigkeit abgelöst werden. Der Betroffene fühlt sich nun wieder in der Lage, neue Möglichkeiten zu verwirklichen.

Dabei ist es nicht unbedingt notwendig, die traumatische Erfahrung erneut zu durchleben.

Psychodynamisch Imaginative Trauma Therapie nach Luise Reddemann (PITT)

Diese Methode ist eine tiefenpsychologisch-psychodynamische Kurzzeitpsychotherapie. Sie wird besonders in der Arbeit mit Trauma-Patienten im Rahmen von stationären Therapien eingesetzt. Die PITT setzt bei den Ressourcen der Patienten an und nutzt wobei sie die gesteuerte Abspaltung (Dissoziation) als therapeutisches Instrument.

Eine weitere Möglichkeit des Umgang mit belastenden Geburtserfahrungen ist:

Emotionelle erste Hilfe (EEH)

Die Emotionelle Erste Hilfe (EEH) ist ein körperorientierter Beratungsansatz. Ziel ist eine liebevolle Eltern–Kind– Bindung während der Schwangerschaft, Geburt und in der Zeit danach aufzubauen.

Dies geschieht mit Hilfe von Gesprächen, Berührungen und Wahrnehmungsübungen. Damit soll der Kreislauf aus Angst, Anspannung und Verunsicherung durchbrochen werden.

Die EEH eignet sich zur:

• Unterstützung von Eltern, wenn Babys viel weinen und schwer zu trösten sind.
• Begleitung von Eltern, die erschöpft und überfordert sind
• Hilfe, wenn Eltern ablehnende und gewaltvolle Impulse gegenüber ihrem Kind verspüren
• Begleitung von Eltern und Babys, die Geburts- und Trennungserfahrungen verarbeiten wollen
• Unterstützung von Eltern, deren Säuglinge oder Kleinkinder nur wenig oder unruhig schlafen

Es ist sehr wichtig, dass Dir die Person, der Du Dich anvertraust, sympathisch ist und dass sie anerkennt, dass Geburtserfahrungen traumatisch sein können. Leider ist dies nicht bei allen Trauma – Therapeuten der Fall.

Weiterführende Informationen

Wenn Du gerne erfahren möchtest, was ein genau Trauma ist, wie es sich körperlich und seelisch auswirkt und welche Schritte Du zur Verarbeitung gehen kannst, ist vielleicht mein Onlinekurs: „Schritt für Schritt eine schwierige Geburt verarbeiten“ für Dich interessant.

Ich begleite seit über 10 Jahren Mütter auf ihrem Weg zur Verarbeitung von Kaiserschnitten und in der Vorbereitung auf die nächste Geburt.

Während meiner Arbeit habe ich erkannt, dass erlebte Traumata einer positiven Geburt oft im Wege stehen.

In meinem Onlinekurs „Schritt für Schritt eine schwierige Geburt verarbeiten“  spreche ich darüber, was ein Trauma ist, auf welchen Wegen es entstehen kann und wie es sich auswirken kann. Ich erkläre Dir auch, wie die ersten Schritte zur Heilung von Traumata aussehen können und wie wir das Erlebte in unser Leben integrieren und daran wachsen können.

Wenn Du also eine schmerzhafte Geburtserfahrung erlebt hast und spürst, dass es so, wie bisher nicht weiter geht, tue möglichst einen ersten Schritt für Dich, Dein Kind und Deine Familie.

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