9. März 2017

6 Kommentare

Heute möchte ich eine aktuelle Untersuchung aus Norwegen vorstellen. Wissenschaftler haben untersucht, ob sich Einleitungsversuche auf die Häufigkeit von Uterusrupturen auswirken.

Das Thema ist ein bisschen trocken und Zahlen betont, aber ich hoffe, trotzdem verständlich erklärt.

Eine komplette Uterusruptur, also die Eröffnung aller Schichten der Gebärmutterwand, gehört zu den seltenen geburtshilflichen Komplikationen. Deshalb ist unser Wissen über die entsprechenden Risikofaktoren ist noch sehr lückenhaft.
Die meisten Studien untersuchten bisher nur kleine Patientenkollektive. Ausserdem kam es durch die Verwendung internationaler Diagnoseschlüssel häufig zu einer Vermischung der Daten kompletter Rupturen und den weniger schwerwiegenden Dehiszenzen.

Doch die hier vorgestellte norwegische Untersuchung wertete eine große Zahl ausschließlich vollständiger Rupturen aus. Dazu wurden die Daten aus dem norwegischen Geburtenregister und einem Patient Administration System mit den Daten aus Krankenakten kombiniert.

Die Studie schloss 1.317.967 Frauen OHNE vorherigen Kaiserschnitt und 57.859 Frauen MIT vorherigem Kaiserschnitt ein, die zwischen den Jahren 1967 und 2008 geboren hatten.

Bei den Müttern OHNE vorherigen Kaiserschnitt kam es in 51 Fällen zu einer kompletten Uterusruptur, was einer Rate von 0,38 auf 10.000 Geburten entspricht.

Unter den Müttern MIT einem Kaiserschnitt in der Vorgeschichte erlitten 122 eine Ruptur. Dies entspricht einer Rate von 21,1 auf 10.000 Geburten oder auch 0,2%.

Der wichtigste Risikofaktor unabhängig davon, ob zuvor ein Kaiserschnitt stattgefunden hatte oder nicht, war die Gabe von Prostaglandinen kombiniert mit Oxytocin im Vergleich zum natürlichen Geburtsbeginn.

Dabei erhöhte sich die Wahrscheinlichkeit für eine Ruptur, die so genannte Odds Ratio (OR), ohne vorherigen Kaiserschnitt um den Faktor 48 und mit vorherigem Kaiserschnitt um den Faktor 16.

Weitere Risikofaktoren waren: Die Verstärkung der Wehen mit Oxytocin (OR: 22.5 ohne Kaiserschnitt in der Vorgeschichte) und (OR: 4.4 mit Kaiserschnitt in der Vorgeschichte), ein vor der Geburt verstorbenes Kind, eine vorhergegangene Fehlgeburt im ersten Schwangerschaftsdrittel und ein Abstand von weniger als 16 Monaten zwischen dem vorherigen Kaiserschnitt und der aktuellen Geburt. Wobei es hier nur zu einer moderaten Erhöhung des Risikos gekommen war (OR: 2.3).

Ausserdem hatten auch jene Frauen ein erhöhtes Risiko, bei denen es bei einer vorangegangenen Sectio zu einer schweren Blutung kam (OR:5.6)

Insgesamt waren die Raten an Uterusrupturen in der vorliegenden Untersuchung niedriger als in vergleichbaren Studien. Dies liegt nach Meinung der Autoren in der genaueren Klassifikation dieser Komplikation.

[optinform]

Bemerkenswert ist, daß es während der ersten und der letzten Dekade des Studienzeitraumes, häufiger zu Utersurupturen kam. Die Autoren vermuten, daß die frühe Häufung damit zusammenhängen könnte, daß damals noch öfter Längsschnitte eingesetzt und bei vaginalen Geburten aggressivere Techniken angewendet wurden.

Für den Anstieg der Rupturhäufigkeit in den letzten Jahren der Studie scheint es zwei Gründe zu geben: häufigere kombinierte Einleitungsmethoden und mehr ältere Mütter und Migrantinnen aus Entwicklungsländern.

Die vergleichsweise niedrigste Ruptur Wahrscheinlichkeit bestand, wenn die Geburt mit mechanischen Methoden eingeleitet wurde.

Zusammenfassend kann man sagen, daß vor allem die Kombination von Prostaglandinen und einem Oxytocintropf das Risiko für eine Ruptur erhöht und zwar nicht nur bei Müttern mit Kaiserschnitten in der Vorgeschichte.

Quelle:
Risk factors for complete uterine rupture.

Al-Zirqi I, Daltveit AK, Forsén L, Stray-Pedersen B, Vangen S.
Am J Obstet Gynecol. 2016 Oct 22

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  1. Vielen Dank für diese Literatur Empfehlung. Ich habe den Artikel auch gelesen und eine Frage dazu: BEzieht sich der Risiko Faktor Blutungen bei vorangegangener Sectio auf Blutungen aller Gewebsschichten oder nur auf Blutungen an der Uterusnaht?
    Ich hatte bei meinem ersten Sohn einen Kaiserschnitt und dann eine Blutung im Bauchmuskel. Bei mir wurde das Bauchmuskelgewebe genäht. Am Tag nach der Sectio hatte ich da eine Blutung in der Muskelloge, etwa handteller groß und 2cm dick.
    Nach etwa 3 Monaten war alles resorbiert. Stellt eine derartige Blutung auch ein erhöhtes Risiko dar?

    Vielen Dank für deine Einschätzung.
    LG barbara

    1. Hallo Barbara,

      danke für Deine Frage. In der Diskussion zu den Ergebnissen der Studie wird auf das Blutungsthema nicht ausführlich eingegangen. Es ist jedoch immer die Rede von einer „severe postpartum hemorrhage“ und das bezieht sich meines Erachtens auf Blutungen aus der Gebärmutter. Ich glaube nicht, dass die Blutung die Du damals erlebt hast, ein Risiko für eine weitere Geburt darstellt. Sicherheitshalber würde ich die Blutung jedoch beim Geburtsplanungsgespräch erwähnen.
      liebe Grüße
      Ute

  2. Ich habe tatsächlich eine Frage: stehe im Moment kurz vor der Geburt mit meinem zweiten Kind. Das erste war ein Kaiserschnitt und ich versuche irgendwie die Angst loszuwerden, dass die Gebärmutter reißt. In der Studie wird erwähnt, dass frühe Fehlgeburten das Risiko erhöhen. Nun hatte ich kurz vor dieser Schwangerschaft eine Fehlgeburt in der 8. SSW. Das beunruhigt mich etwas. Wie sollte ich das einschätzen?
    Viele Grüße und danke für die Arbeit 😉

    1. Liebe Frau Ott,
      ich würde mir da jetzt nicht all zu große Gedanken machen. Wie man zu diesem Ergebnis gekommen ist, weiß ich leider nicht. Manchmal stecken da auch zufällige Koinzidenzen dahinter. lg Ute Taschner

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