28. Juni 2017

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Simone erhält als junge Frau vor ihrer ersten Schwangerschaft die Diagnose „Kanalbecken“. Mit solch einem engen Becken würde sie nie ein Kind auf natürlichem Weg zur Welt bringen können, so die einhellige Meinung des Radiologen, ihrer Frauenärztin und leider auch ihrer Hebamme.

Um so mehr freue ich mich, heute den Bericht von Simones ambulanter und persönlicher Traum-VBAC (vaginal birth after cesarean) mit Dir teilen zu dürfen.

Geburtsbericht von Elena, 30.04.2017

3290g
52cm
34cm KU

Im März 2015 hatte ich 10 Tage vor den errechneten Termin (ET) einen geplanten KS, da mir in der Schwangerschaft aufgrund dieser Diagnose von allen Seiten dazu geraten wurde (Radiologe, Frauenärztin, Hebamme).

Als ich 2016 erneut schwanger wurde, gab es für mich nur noch einen Gedanken: wir probieren es dieses Mal auf natürliche Weise!

Zu meiner Vorgeschichte:

Als meine Mutter mit mir schwanger war, ging sie 3 Wochen über den errechneten Geburtstermin. Nichts deutete auf eine baldige Geburt hin. Daraufhin veranlasste der Frauenarzt im 10. Schwangerschaftsmonat ein Röntgen des Beckens.

Befund: geknickter Gebärmutterhals. Indikation zum Kaiserschnitt laut meinem Mutterkindpass: Schädel-Becken-Missverhältnis. Eine Spontangeburt wäre deshalb unmöglich.

Ich wurde umgehend per Kaiserschnitt (unter Vollnarkose) geholt und atmete nicht selbstständig (ich war 47cm lang, wog 3020g und hatte einen KU von 33,5cm). Nach der Reanimation kam ich in den Brutkasten und alles ging gut aus. Als dann meine Schwester unterwegs war entschied sich unsere Mutter für einen geplanten Kaiserschnitt.

Aufgrund dieser Geschichte erhielt unsere Mutter den Rat, ihre Töchter sollten im unschwangeren und ausgewachsenen Zustand das Becken vermessen lassen, um solche „Fehlbildungen“ schon im Vorfeld zu erkennen.

Gesagt getan: 2009 wurde mein Becken mittels CT vermessen. Befund: Kanalbecken mit absoluter Beckenmittenenge. Der Radiologe riet mir schon damals im Falle einer zukünftigen Schwangerschaft zu einem vorzeitig angesetzten Kaiserschnitt. Denn es könnte kritisch werden, wenn das Kind ins Becken rutscht und stecken bleibt. Die Folgen wären womöglich Sauerstoffmangel und perinatale Geburtsschäden, so der Radiologe. Sehr ermutigend…

Als ich 2014 zum ersten Mal schwanger wurde sprach ich mit meiner Frauenärztin über diesen Befund und auch sie legte mir einen geplanten Kaiserschnitt nahe.
Meine letzte Hoffnung bzgl. einer natürlichen Geburt war meine Hebamme: sie empfahl mir einen Kaiserschnitt.
Damals wusste ich leider noch nicht, dass solche Beckenmessungen absolut nichtssagend sind in Hinblick auf eine Geburt und vertraute leider allen anderen, anstatt meinem Körper.

Zurück zur Geburt von Elena

Samstag 29.04.2017 (40. SSW): ich spüre untertags immer wieder ganz leichte Wellen, welche ab 21:00 Uhr regelmäßiger werden. Gehe um 22:00 Uhr ins Bett.
 Sonntag 30.04.2017: werde um 01:00 Uhr wach, die Wellen kommen alle 10 Minuten und brauchen bereits meine Aufmerksamkeit.

Wellen im 5min-Takt

Um 02:00 Uhr stehe ich auf, Liegen ist nicht mehr möglich, Wellen im 5min-Takt. Ich laufe umher, kreise mit dem Becken und veratme jede Welle mit der Wellenatmung (habe mich in der Schwangerschaft mit Hypnobirthing auf den großen Tag vorbereitet). Dazwischen atme ich in der Ruheatmung, arbeite mit Affirmationen (u.a. „Geburtswellen sind Freunde und bringen mich meinem Baby näher“, „Wir erleben eine schöne sanfte natürliche Geburt“, „Ich freue mich auf die Geburt“) und Visualisierungen („Mein Becken und mein Muttermund werden weit, ich öffne mich“).

Fahrt in die Klinik

Um 05:00 habe ich das Gefühl, dass während der Wellen Fruchtwasser ausfließt. Um 06:00 Uhr wecke ich meinen Mann, dieser ruft seine Mutter an und gleich darauf wird unsere 2-jährige Tochter von ihr abgeholt. 
Um 06:20 Uhr sitzen wir im Auto, Wellen alle 3 Minuten.
 Um 07:00 Uhr sind wir endlich im Krankenhaus. Es war das ganze Wochenende lang keine Geburt und die Hebamme hat eine große Freude, als wir kommen und für Abwechslung sorgen.

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Das dauert also noch 6 Stunden

Sie schließt für fast (endlose) 30 Minuten das CTG an. Ich bin dankbar, dass ich währenddessen stehen darf und nicht liegen muss. Dann frage ich nach der Badewanne und die Hebamme lässt das Wasser ein. Sie legt einen Venenzugang (habe mich bereits im Vorfeld mit dieser „Vorsorgemaßnahme“ abgefunden), nimmt Blut ab, untersucht mich kurz: Muttermund 3-4cm offen. Mein Gedanke: oh, dann dauert es also noch mindestens 6 Stunden, bevor der eigentliche „Spaß“ beginnt.

Um 08:00 Uhr darf ich in die Wanne, zeitgleich mit dem Hebammenwechsel. Es beginnt zum Glück eine sehr sympathische, junge Hebamme ihren Dienst, die wir schon vom Infoabend kennen.
 Mein Mann und ich sind fast die ganze Zeit alleine, das finde ich sehr angenehm. Um ca. 09:15 Uhr kommt die Hebamme und möchte, dass ich für ein weiteres CTG kurz aus der Wanne gehe; und damit ich in den nächsten Stunden nicht komplett aufweiche da drinnen.

„Simone, spürst du einen Druck nach unten?“

Ich erkläre ihr, dass ich nicht gerade begeistert bin von diesem Vorschlag, denn mittlerweile kann ich die Wellen nicht mehr so „leicht“ veratmen wie bisher. Die Hebamme schaut mich an, wartet 1-2 Wellen ab und fragt mich dann: „Simone, spürst du einen Druck nach unten?“
 Ich: „Ja!!!!“. Sie untersucht mich kurz in der Wanne und meint dann: „Oh du gibst Gas! Du spürst den Kopf. Du darfst beim nächsten Mal mitschieben probieren.“ 
Die Hebamme holt eine Assistentin dazu, um die Herztöne der Maus zu orten und als Unterstützung. Zeitgleich erscheint ein Oberarzt (wegen Zustand nach Sectio). Dieser verlässt kurz darauf wieder den Raum wegen einer dringenden OP und ich bin dankbar dafür.

Um 09:58 Uhr wird unsere zweite Tochter in der Wanne geboren,

ohne die kleinste Verletzung (habe während dem Mitschieben und auch im Geburtsplan darum gebeten, nicht zu schneiden, da ich einen Riss bevorzugen würde, doch es blieb ALLES heil) und ohne jegliche Intervention!

Die Nabelschnur darf auspulsieren – das war mir sehr wichtig. Sogar die Geburt der Plazenta wird ruhig abgewartet! Nach einem Gespräch mit der Chef-Hebamme in der 37.SSW wusste ich, dass angeblich jede Mutter vorbeugend ein künstliches Oxytozin verabreicht bekommt und das fand ich nicht gerade toll. Daher bin ich umso glücklicher, als diese junge Hebamme zu mir sagt, wir warten erst einmal ab.

Um 14:00 Uhr fahren wir zu dritt nach Hause und können unser Glück über dieses Geburtserlebnis kaum fassen.

Abschließend kann ich sagen, meine VBAC hätte nicht besser sein können. Es war alles perfekt! Meine persönliche Traum-Geburt.

Genau diese Geburt habe ich mir 9 Monate lang gewünscht!

Simone

 

 

Wenn Du wissen möchtest, warum die Vermessung des mütterlichen Beckens für den Verlauf einer Geburt so wenig aussagekräftig ist, lies gerne meinen Blogartikel: Beckenmessung: Da passt kein Kind durch.

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